Vorwort zum Buch: Das linkshändige Kind in der Grundschule

von Dr. Johanna Barbara Sattler, Auer Verlag, Donauwörth, 1993

Vor allem Grundschullehrer sind mit einem Phänomen konfrontiert, für das es bis vor kurzem noch keine Erklärung gab: Kinder, die mit scheinbar normaler Intelligenz, lebenslustig und aktiv aus dem Kindergarten in die Schule kommen, beginnen plötzlich, noch in der ersten Klasse, sich zu ändern, fallen zurück, wirken z.T. aggressiv oder verängstigt, das Lernen macht ihnen keinen Spaß mehr. Da es sich oft nicht um einen zu vernachlässigenden Anteil an Schülern handelt, suchen die Lehrer nach Erklärungen und Abhilfe – vermuten die Ursache bei sich selbst, in den Familien der Kinder, in der Klassenatmosphäre – und das meistens ohne Erfolg, ohne zu ahnen, dass es sich hier um Folgen der Umschulung der angeborenen Händigkeit handeln kann.

1987 wurden vom Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung für Schulberatungsstellen Materialien über „Das linkshändige Kind bei Schuleintritt“ zusammengestellt. In den im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus 1989 erarbeiteten „Empfehlungen zur Aufnahme des Kindes in die Grundschule“ wurden diese Materialien erweitert und ergänzt.

Fachzeitschriften und Medien wiederholten und variierten diese Thematik, und es zeigte sich immer deutlicher, dass man auf ein Problem gestoßen war, das für die Betroffenen von eminenter Bedeutung ist. Denn es wurde immer bewusster, dass man nicht auf der einen Seite gegen die Umschulung der Händigkeit sein kann, ohne auf der anderen Seite modifizierte Lern- und Arbeitsbedingungen für Linkshänder zu schaffen. Dies bedeutet, den Linkshändern zu helfen, sich nicht mehr als benachteiligte Minderheit zu fühlen bzw. tatsächliche Benachteiligungen abzubauen.

Diese neue Arbeit stellt zum ersten Mal eine ausführliche, brauchbare Hilfe den Lehrern und Erziehern gerade dort zur Verfügung, wo die Weichenstellung stattfindet und in dem Alter, in dem sie geschieht. Wir wünschen ihr rasche Verbreitung.

 

Dr. Peter Igl
Leiter der Abteilung Grund- und Hauptschule
im Staatsinstitut für Schulpädagogik und
Bildungsforschung, München

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